Lektion 3
Prophezeiungen über den Messias

Peeter van Avont - Die Heilige Familie auf dem Weg nach Ägypten
Einleitung
Im Laufe der Geschichte Israels hat Gott nach und nach das Geheimnis der Ankunft des Messias offenbart. Jesus kommt daher in Hunderten von Prophezeiungen des Alten Testaments vor, die auf ihn hinweisen. In dieser Lektion werden wir uns einige der frühesten und wichtigsten Prophezeiungen ansehen. Zusammen zeichnen sie ein klares Bild davon, wer der zukünftige Messias sein wird: Er wird von den Patriarchen Abraham, Isaak, Jakob und von Juda abstammen. Er wird ein König aus dem Geschlecht Davids sein. Er wird spätestens um das Jahr 135 n. Chr. erscheinen. Er wird als ein uns geschenkter Sohn kommen und in Bethlehem von einer Jungfrau geboren werden. Und er wird ein Segen für die ganze Menschheit sein, denn er wird unsere Freundschaft mit Gott wiederherstellen, indem er unseren Feind, die Schlange, besiegt, obwohl er dabei sterben wird.
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Lernziele
Sie werden diese Lerneinheit erfolgreich abgeschlossen haben, wenn Sie
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erklären können, wie das Protoevangelium von einem künftigen Messias spricht, der die Freundschaft zwischen Gott und Menschheit wieder herstellen wird, indem er die Schlange besiegt. In diesem Kampf wird er jedoch den Tod erleiden.
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erzählen können, wie Gottes Verheißungen an Abraham, Isaak und Jakob offenbaren, dass der Messias von ihnen abstammen und der ganzen Menschheit Segen bringen wird.
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zeigen können, dass der Segen für Jakob Folgendes über den Messias enthüllen wird: Er wird ein Nachfahre Judas und ein König sein, er wird spätestens im Jahr 135 n. Chr. erscheinen.
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erklären können, wie Bileams Prophezeiung den Messias als einen König darstellt, der über das Volk herrschen und seine Feinde besiegen wird.
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erklären können, inwiefern die Prophezeiung des Mose den prophetischen Charakter der Mission Christi unterstreicht.
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aufzeigen können, inwiefern Natans Prophezeiung deutlich macht, dass der Messias aus dem Geschlecht Davids stammen wird.
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Einleitung
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Wie wir in früheren Lektionen gesehen haben, kommt Jesus in den Prophezeiungen und Typoi des Alten Testaments vor. Wir werden uns in zwei Lektionen mit diesen Verheißungen über ihn beschäftigen. In dieser Lektion werden wir uns einige der Prophezeiungen ansehen, die sein Kommen als Messias vorhersagen, und in der folgenden Lektion werden wir uns einige Verheißungen ansehen, die von seinem Leiden und Tod sprechen. Viele meiner Ausführungen stammen aus dem Buch von Lawrence Feingold The Mystery of Israel and the Church, Band 1 Figure and Fulfillment. Denjenigen, die sich für dieses Thema interessieren, empfehle ich dieses Buch ausdrücklich.
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Gottes erste Verheißung
Die erste Prophezeiung über den zukünftigen Messias findet sich im Buch Genesis. Als Adam und Eva sündigten, indem sie die Frucht des verbotenen Baumes aßen, verloren sie Gottes Freundschaft, nicht nur für sich selbst, sondern auch für alle ihre Nachkommen. Angesichts dieser Situation hätten sie leicht verzweifeln können. Doch Gott versprach in seiner Güte, dass er eines Tages einen Erlöser senden werde, um unsere Freundschaft mit ihm wiederherzustellen.
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Und Feindschaft setze ich zwischen dir und der Frau, /
zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. /
Er trifft dich am Kopf /
und du triffst ihn an der Ferse. (Gen 3, 15)
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Dieses rätselhafte Orakel machte Adam und Eva Hoffnung und hob ihre Stimmung. Deshalb wird es das Protoevangelium genannt – das heißt, die erste (proto) gute Nachricht (evangelium). Brant Pitre zeigt auf, dass die Juden der Antike es als eine Prophezeiung des zukünftigen Messias ansahen.
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Die ältesten jüdischen Interpretationen, die wir vom biblischen Orakel über die „Schlange" und die „Frau" besitzen (Gen 3, 15), sahen darin eine Prophezeiung des Messias. Das bedeutendste Beispiel dafür ist das Buch Henoch, das im 1. Jh. n. Chr. unter Juden sehr beliebt war. Diese antike jüdische Schrift identifiziert nicht nur den „Messias" mit dem „Menschensohn" (1. Henoch 48, 2-10), sondern stellt auch eine Verbindung her zwischen dem Menschensohn und der Prophezeiung über die Frau in Gen 3, 15. [1]
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Schmerz wird sie ergreifen, wenn sie diesen Menschensohn auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzen sehen. ... Denn der Nachkomme der Mutter der Lebenden war von Anfang an verborgen. (1. Henoch 62, 5-7) [2]
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Laut Brant Pitre zeigt dieser Abschnitt, dass die Juden zur Zeit Jesu den Messias mit dem Nachkommen Evas – „der Mutter aller Lebendigen" – identifizierten. Er zitiert auch die folgende Stelle aus einem antiken jüdischen Targum:
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Ich werde Feindschaft zwischen dir und der Frau und zwischen deinen Nachkommen und ihren Nachkommen setzen ... Für ihre Nachkommen wird es jedoch ein Heilmittel geben, aber für dich, o Schlange, wird es kein Heilmittel geben, denn sie werden am Ende Frieden finden, am Tag des Königs Messias. [3]
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Diese Textstellen sind deshalb wichtig, weil sie zeigen, dass nicht erst die Christen, sondern bereits die Juden der Antike das Protoevangelium als eine Verheißung auf den Messias interpretierten. Folgendes ist dabei beachtenswert. Erstens wurde die Verheißung in der Frühzeit der Menschheitsgeschichte gegeben, direkt nach dem Sündenfall, aber noch bevor Adam und Eva die ersten Kinder bekamen. Es ist daher vernünftig anzunehmen, dass sie ihren Kindern von dieser Prophezeiung erzählten und diese sie wiederum an ihre Nachkommen weitergaben. Dies setzte sich über die Jahrhunderte fort, so dass jede Kultur in gewisser Weise eine Ur-Erinnerung an die Erbsünde und die Verheißung eines Erlösers hat, auch wenn diese im Laufe der Zeit stark verzerrt worden sein mag.
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Zweitens ist erwähnenswert, dass das Protoevangelium nicht nur eine Prophezeiung über das Kommen des Messias ist. Es spricht auch von seinem Kampf gegen die Schlange. In dieser Schlacht scheinen beide Seiten zu sterben: Der menschliche Nachkomme wird den Kopf der Schlange zertreten, und der Nachkomme der vermutlich giftigen Schlange wird in seine Ferse beißen. Dies ist ein Hinweis auf die Passion Christi. Er wird Satan durch seinen Tod besiegen.
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Drittens sagt uns diese Prophezeiung, dass der Messias nicht allein gegen die Schlange kämpfen wird; eine Frau wird ebenfalls involviert sein: „Und Feindschaft setze ich zwischen dir [der Schlange] und der Frau". Wenn diese Prophezeiung vom Kommen Jesu handelt, dann muss diese Frau Maria sein.
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Gottes zweite Verheißung
In unserem Kurs über die Heilsgeschichte hatten wir gesehen, dass die ersten elf Kapitel der Bibel mit einem Cliffhanger enden. Die Sünde hatte sich wie eine Lawine über die ganze Welt verbreitet, und dies brachte Gottes ursprünglichen Plan durcheinander. Nach dem Turmbau zu Babel verwirrte Gott die Sprache der Menschen, so dass sie nicht mehr miteinander kommunizieren konnten, und dann zerstreute er sie über die ganze Welt. Die Gemeinschaft, die er zu Beginn im Sinn hatte, schien völlig zerstört worden zu sein, und der Leser fragt sich, welche Hoffnung für die Menschheit noch besteht.
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Aber in Kapitel 12 beginnt Gott damit, seinen Plan der Erlösung umzusetzen. Sein erster Akt besteht darin, Abraham zu berufen und ihm mitzuteilen, dass er durch ihn alle Geschlechter der Erde segnen wird.
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Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Ich werde segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den werde ich verfluchen. Durch dich sollen alle Sippen der Erde Segen erlangen. (Gen 12, 2-3)
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Dieser allumfassende Segen ist Gottes zweite Verheißung über den zukünftigen Messias. Diese Zusage ist so wichtig, dass Gott sie mehrmals erneuert. Die erste Bekräftigung findet sich in Kapitel 22. Nachdem Abraham seine Liebe an und sein Vertrauen auf Gott durch seine Bereitschaft, seinen Sohn Isaak zu opfern, unter Beweis gestellt hatte, lesen wir:
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Der Engel des HERRN rief Abraham zum zweiten Mal vom Himmel her zu und sprach: Ich habe bei mir geschworen – Spruch des HERRN: Weil du das getan hast und deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast, will ich dir Segen schenken in Fülle und deine Nachkommen überaus zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und den Sand am Meeresstrand. Deine Nachkommen werden das Tor ihrer Feinde einnehmen. Segnen werden sich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde, weil du auf meine Stimme gehört hast. (Gen 22, 15-18)
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In Kapitel 26 erneuert Gott diese Verheißung, allerdings ergeht sie diesmal an Abrahams Sohn Isaak. Gott sagt ihm zu:
Halte dich als Fremder in diesem Land auf! Ich werde mit dir sein und dich segnen. Denn dir und deinen Nachkommen gebe ich all diese Länder und stehe zu dem Eid, den ich deinem Vater Abraham geleistet habe. Ich mache deine Nachkommen zahlreich wie die Sterne am Himmel und gebe ihnen diese Länder. Mit deinen Nachkommen werden alle Völker der Erde sich segnen, weil Abraham auf meine Stimme gehört und weil er auf meine Anordnungen, Gebote und Satzungen und Weisungen geachtet hat. (Gen 26, 3-5)
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Und zu guter Letzt erneuert Gott seine Zusage noch einmal in Kapitel 28. Jakob hat einen Traum:
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Da hatte er einen Traum: Siehe, eine Treppe stand auf der Erde, ihre Spitze reichte bis zum Himmel. Und siehe: Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. Und siehe, der HERR stand vor ihm und sprach: Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Deine Nachkommen werden zahlreich sein wie der Staub auf der Erde. Du wirst dich nach Westen und Osten, nach Norden und Süden ausbreiten und durch dich und deine Nachkommen werden alle Sippen der Erde Segen erlangen. (Gen 28, 12-14)
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Lawrence Feingold merkt dazu an:
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Wir sehen in diesen Prophezeiungen, dass die bloße Existenz des Volkes Israel immer wieder mit einem Segen verbunden ist, der den Nachkommen aller Nationen zuteil werden wird. Vier Verheißungen werden ihnen gegeben: (1) Das Land Kanaan wird ihren Nachkommen gegeben werden; (2) sie werden Nachkommen haben, die so zahlreich sind wie die Sterne des Himmels und der Sand der Erde; (3) Gott wird sie segnen, ihnen beistehen und sie mit seiner innigen Gegenwart begleiten; und (4) Gott wird alle Nationen durch die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs segnen.
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Es ist bezeichnend, dass die Existenz und Vermehrung des jüdischen Volkes mit einem Segen verbunden ist, der einen universellen Geltungsbereich hat. Einem bestimmten Volk wird ein bestimmtes Land versprochen, aber dieser besondere Segen ist kein Selbstzweck. Im Gegenteil, die Verheißung der Existenz und Fruchtbarkeit Israels geschieht um eines Segens willen, der alle nationalen Grenzen überschreitet und allen Nationen der Erde gilt. Der Messias kommt nicht nur für Israel, sondern für jede Nation!
Dies widerspricht erkennbar der gängigen jüdischen Vorstellung, die den Messias lediglich als nationalen Befreier oder großen militärischen Anführer darstellt. Wie kann ein genialer jüdischer Militärführer, der Israel von den Fesseln der Fremdherrschaft befreit, ein Segen für alle Nationen auf Erden sein? [4]
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Gottes Versprechen, die Menschheit zu segnen, wird von Jesus erfüllt, als er in den Himmel auffährt.
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Dann führte er sie hinaus in die Nähe von Betanien. Dort erhob er seine Hände und segnete sie. Und es geschah, während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben. (Lk 24, 50-51)
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Jakobs Segen
Wir haben bereits gesehen, dass Gott verhieß, der Messias werde von Abraham, Isaak und Jakob abstammen. Abraham und Sara hatten nur einen Sohn, Isaak. Isaak wiederum hatte Zwillinge, Esau und Jakob. Wir erfahren, wie Esau sein Erstgeburtsrecht an Jakob verkaufte und wie Jakob dann seinen Vater dazu brachte, ihm den Segen zu geben, der dem Ältesten zustand. Da macht deutlich, dass der Messias aus Jakobs Geschlecht kommen wird und nicht aus dem Esaus. Aber Jakob hatte seinerseits zwölf Söhne. Woher wissen wir nun, aus wessen Geschlecht der Messias abstammen wird? Hätte Gott es uns nicht gesagt, hätten wir es unmöglich wissen können.
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Es läge nahe anzunehmen, dass der Messias von Jakobs erstgeborenem Sohn Ruben abstammen wird. Oder vielleicht von seinem Lieblingssohn Joseph. Er war schließlich der herausragende Held der Familie, der am Ende alle rettete. Aber vermutlich hätte niemand an Jakobs vierten Sohn, Juda, gedacht. Er war ein Schurke. Er hatte Joseph in die Sklaverei verkauft. Später heiratete er eine kanaanitische Frau, und am Ende schlief er mit seiner Schwiegertochter Tamar, weil er sie für eine Prostituierte hielt. Dieser sündigen Beziehung entsprang der Messias, wie wir im Matthäusevangelium lesen.
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Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams: Abraham zeugte den Isaak, / Isaak zeugte den Jakob, / Jakob zeugte den Juda und seine Brüder. Juda zeugte den Perez und den Serach mit der Tamar. / Perez zeugte den Hezron, ... (Mt 1, 1-3)
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Als Jakob im Sterben lag, rief er seine 12 Söhne zusammen und segnte jeden Einzelnen von ihnen. Der Segen, den er Juda gab, offenbart, dass der Messias von ihm abstammen wird:
Juda, dir jubeln die Brüder zu, / deine Hand hast du am Genick deiner Feinde. /
Deines Vaters Söhne werfen sich vor dir nieder.
Ein junger Löwe ist Juda. / Vom Raub, mein Sohn, stiegst du auf. / Er kauert, liegt da wie ein Löwe, / wie
eine Löwin. Wer bringt sie zum Aufstehen?
Nie weicht von Juda das Zepter, / der Herrscherstab von seinen Füßen, / bis der kommt, dem er gehört, / dem
der Gehorsam der Völker gebührt.
Er bindet an den Weinstock seinen Eselhengst, / an die Edelrebe das Füllen seiner Eselin. / Er wäscht in
Wein sein Kleid, / in Traubenblut sein Gewand. (Gen 49, 8-11)
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Neben der Enthüllung der Erblinie des Messias offenbart dieser Segen weitere wichtige Details. Der Messias wird ein König sein, weil er ein Zepter führen wird. Das Zepter ist ein Stab oder Stecken, der das Zeichen königlicher oder kaiserlicher Autorität war. Außerdem wird der Messias seine Kleider in Wein waschen, dem Blut der Trauben. Was könnte das bedeuten? Im Licht der Evangelien gelesen, kann dieser prophetische Segen so verstanden werden, dass er sich auf das Leiden des Herrn bezieht.
Laut Lawrence Feingold hilft die Aussage „Nie weicht von Juda das Zepter ... bis der kommt, dem er gehört, dem der Gehorsam der Völker gebührt." dabei, das Kommen des Messias genauer zu datieren. Er schreibt dazu:
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Darüber hinaus ist dieser Text von großem Interesse im Hinblick auf die Zeit des Kommens des Messias. Denn der Text besagt, dass Juda seine Souveränität nicht vollständig verlieren wird, bevor der Messias kommt. Diese Souveränität Judas, die in den Jahrhunderten vor Christus immer mehr eingeschränkt wurde, ging schließlich verloren, als die römischen Prokuratoren nach dem Tod von König Herodes dem Großen und dem Exil seines Sohnes Archelaos um das Jahr 6 n. Chr. in Palästina zu regieren begannen. Ein schmerzlicher Verlust der Souveränität erfolgte mit der Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahr 70 n. Chr. Dieser Verlust wurde noch deutlicher in den Jahren 132-135 n. Chr. mit der Unterdrückung des zweiten jüdischen Aufstands unter einem falschen Messias, Bar Kochba. Daraufhin wurden die Juden über achtzehn Jahrhunderte unter die Völker zerstreut. Das legt nahe, dass der Messias vor dieser Zeit kommen musste. [5]
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Bileams Prophezeiung
Eine weitere wichtige Prophezeiung über den Messias findet sich im Buch Numeri. Gegen Ende ihrer vierzigjährigen Wüstenwanderung in das Gelobte Land erreichten die Israeliten die Ebene von Moab. Diese lag östlich des Jordans. Balak, der König der Moabiter, war darüber beunruhigt und bot an, den Propheten Bileam dafür zu bezahlen, dass er Israel verfluche. Aber Gott hinderte Bileam daran. Stattdessen segnete Bileam die Israeliten zum wiederholten Male:
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Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, /
ich erblicke ihn, aber nicht in der Nähe: /
Ein Stern geht in Jakob auf, /
ein Zepter erhebt sich in Israel. /
Er zerschlägt Moab die Schläfen /
und allen Söhnen Sets den Schädel. ...
Aus Jakob steigt einer herab /
und richtet zugrunde, was aus der Stadt entkam.
(Num 24, 17-19)
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Lawrence Feingold kommentiert dies so:
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Es ist interessant zu beobachten, wie Bileam das Schicksal Israels mit dessen messianischem Höhepunkt verbindet. Der Herrlichkeit Israels wird befohlen, den herrlichen „Stern Jakobs" hervorzubringen. Hier wird der Messias als König dargestellt, der über das Volk herrschen und seine Feinde besiegen wird. Es ist leicht zu erkennen, wie eine solche Prophezeiung zu einer nationalistischen Interpretation führen konnte. Wir müssen jedoch jede Prophezeiung im Licht aller anderen lesen. Wenn wir den „Stern Jakobs" mit Gen 3, 15 zusammenbringen, so wird deutlich, dass die Feinde des Messias Satan und die Sünde sind.
Zweitens sollte bedacht werden, dass sich diese Prophezeiung nicht auf David, Salomo oder irgendeinen anderen jüdischen König oder Helden beziehen kann, denn sie haben nicht allen Söhnen Sets den Schädel zerschlagen. Set war der dritte Sohn von Adam und Eva nach Kain und Abel. An Sets Nachkommen gaben Adam und Eva die wahre Religion weiter, und vielleicht ist Set ein Synonym für alle Gerechten aller Zeiten. Noah stammte nach Genesis 5 aus dem Geschlecht Sets. Deshalb sind alle Völker auf der Erde heute Nachfahren von Set. Der Messias wird also nicht einfach nur über eine Nation wie Israel herrschen, sondern über alle Nachkommen Sets.
Es wird deutlich, dass die Eroberung, die der göttliche Autor im Sinn hat, spiritueller Art ist. Sie bezieht sich auf die Bekehrung der Kinder Sets zur Anbetung des wahren Gottes. [6]
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Moses Prophezeiung
Im Johannes-Evangelium finden sich verschiedene Stellen, die von „dem Propheten" sprechen.
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Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du? Er bekannte und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Christus. Sie fragten ihn: Was dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. (Joh 1, 19-21)
Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist der Prophet, der in die Welt kommen soll. (Joh 6, 14)
Einige aus dem Volk sagten, als sie diese Worte hörten: Dieser ist wahrhaftig der Prophet. (Joh 7, 40)
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Auf wen könnte sich das beziehen? In Israel traten viele Propheten auf. Aber wann immer im Neuen Testament die Rede vom „Propheten" ist, bezieht sich das auf einen bestimmten Propheten, auf den, den Mose verheißen hatte.
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Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, unter deinen Brüdern erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören. ... Damals sagte der HERR zu mir: Was sie von dir verlangen, ist recht. Einen Propheten wie dich will ich ihnen mitten unter ihren Brüdern erstehen lassen. Ich will ihm meine Worte in den Mund legen und er wird ihnen alles sagen, was ich ihm gebiete. Den aber, der nicht auf meine Worte hört, die der Prophet in meinem Namen verkünden wird, ziehe ich selbst zur Rechenschaft. (Dtn 18, 15-19)
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Wir können sagen, dass Mose sich hier auf den Messias bezieht, weil er die gleiche Autorität wie Mose haben wird, im Namen Gottes zu sprechen.
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Diese Prophezeiung offenbart einen neuen Aspekt der messianischen Mission. Wir hatten gesehen, dass der Messias mit den Attributen eines höchsten Königs, eines Propheten und eines Priesters ausgestattet sein muss. Dieser Text nun unterstreicht den prophetischen Charakter der Sendung Christi. Ein Prophet ist nicht nur jemand, der die Zukunft vorhersagt, obwohl er das auch tut. Ein Prophet ist jemand, der im Namen des Herrn spricht. In diesem Sinne wird der Messias ein großer Prophet wie Mose sein. Er wird der neue Mose sein.
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Um dies zu verstehen, müssen wir uns ansehen, welche Rolle Mose bei der Entstehung des jüdischen Volkes spielte. Er war der Mittler des Bundes zwischen Gott und Volk, der durch das Blut des Opfers am Berg Sinai besiegelt wurde. Zweitens wurde durch ihn Gottes Gesetz an die Menschen weitergegeben. Drittens schaute er Gott „von Angesicht zu Angesicht" und sprach vertraulich zu ihm. Viertens führte er das Volk aus der Knechtschaft ins Gelobte Land. Fünftens galt er als der sanftmütigste Mann der Welt. Der neue Mose muss diese Rollen auf überreiche und geistige Weise erfüllen. Er wird einen neuen Bund zwischen Gott und den Menschen stiften, besiegelt mit dem Blut des vollkommenen und ewigen Opfers. Er wird ein vollkommeneres Gesetz erlassen, wie wir in der Bergpredigt und in den Evangelien hören. Gehorsam gebührt ihm, wie er Mose gebührte. Er wird das Volk vom Joch der Knechtschaft befreien, nicht von der physischen Sklaverei in Ägypten, sondern vom größeren Joch der Sünde und des Lasters. Er wird die Menschen durch das Wasser der Taufe führen. Er wird ein Mann des vollkommenen Gebets und der Vertrautheit mit dem Vater und „sanftmütig und von Herzen demütig" sein. [7]
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Natans Verheißung
Als Gott den Bund mit David schloß, ließ er durch den Propheten Natan über einen der Nachkommen Davids verkünden, dieser werde für immer regieren.
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Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern legst, werde ich deinen leiblichen Sohn als deinen Nachfolger einsetzen und seinem Königtum Bestand verleihen. Er wird für meinen Namen ein Haus bauen und ich werde seinem Königsthron ewigen Bestand verleihen. Ich werde für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein. (2 Sam 7, 12-14)
Lawrence Feingold erklärt, dass diese Prophezeiung sowohl von Davids Sohn Salomo als auch vom künftigen Messias spricht.
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Diese Prophezeiung konnte so verstanden werden, dass sie sich teilweise auf König Salomo bezog, der den herrlichen Tempel des Herrn bauen und ein großartiges irdisches Königreich errichten würde und dessen Missetaten (und die seiner Nachkommen) von Gott bestraft werden würden. Der Thron Salomos war jedoch weder ewig, noch hatte sein Königreich Bestand für immer. Entweder hatte Gott grob übertrieben, oder dieser Text bezieht sich auf einen anderen Sohn, der aus dem Geschlecht Davids geboren wird und der für immer über Jakob herrschen wird: der Messias. Welcher irdische Thron hat Bestand für immer? Die Prophezeiung bezieht sich streng genommen nur auf Christus, der das geistliche Haus des Herrn – die Kirche – errichtet hat, ein Königreich, das bis zum Ende der Zeiten dauern wird, regiert durch Christus, den König, und verwaltet durch seinen Stellvertreter auf Erden, den Papst. [8]
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Sowohl die Genealogie bei Matthäus als auch bei Lukas zeigt uns, dass Jesus tatsächlich von David abstammt. Darüber schreibt auch der heilige Paulus in seinem Brief an die Römer.
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Paulus, Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel, ausgesondert , das Evangelium Gottes zu verkünden, das er durch seine Propheten im Voraus verheißen hat in heiligen Schriften: das Evangelium von seinem Sohn, der dem Fleisch nach geboren ist als Nachkomme Davids, der dem Geist der Heiligkeit nach eingesetzt ist als Sohn Gottes in Macht seit der Auferstehung von den Toten, das Evangelium von Jesus Christus, unserem Herrn. (Röm 1, 1-3)
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Schlussfolgerung
Es gibt viele weitere Prophezeiungen im Alten Testament über den zukünftigen Messias. Leider haben wir hier nicht die Zeit und den Raum, um uns alle anzusehen. Das Lesen der Bibel ist ein lebenslanges Unterfangen. Man kann nicht alles in einer Sitzung erforschen. Lawrence Feingold stellt in seinem Buch weitere Prophezeiungen vor und erklärt sie.
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Psalm 72 beschreibt den Messias als einen ewigen König aus dem Geschlecht Davids.
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Jesaja 7 sagt die jungfräuliche Geburt des Messias voraus.
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Jesaja 9 spricht von einem „Sohn, der uns gegeben wird" und beschreibt ihn mit folgenden Eigenschaften: „Wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens".
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Jesaja 11 sagt: „Der Geist des HERRN ruht auf ihm". Dies erfüllt sich bei der Taufe Jesu, als der Geist Gottes in Gestalt einer Taube auf ihn herabkommt.
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Micha 5 sagt voraus, dass der Messias in Bethlehem geboren werden wird.
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Daniel 9 nennt mit erstaunlicher Genauigkeit die Datierung für das Kommen des Messias.
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Zusammengenommen zeichnen diese Prophezeiungen ein klares Bild des zukünftigen Messias: Er wird ein Nachkomme der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob und des Juda sein. Er wird ein König aus dem Geschlecht Davids sein. Er wird spätestens um das Jahr 135 n. Chr. als ein Sohn kommen, der uns gegeben wird, und er wird in Bethlehem von einer Jungfrau geboren werden. Er wird ein Segen für die ganze Menschheit sein, weil er unsere Freundschaft mit Gott durch seinen blutigen Tod wiederherstellen wird. Von allen historischen Persönlichkeiten, die wir kennen, wer – außer Jesus – erfüllt all diese Bedingungen?
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Aufgaben
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Erklären Sie, wie das Protoevangelium von einem zukünftigen Messias spricht, der die Freundschaft zwischen Gott und den Menschen wiederherstellen wird, indem er die Schlange besiegt, der aber bei diesem Kampf sterben wird.
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Erzählen Sie, wie Gott Abraham, Isaak und Jakob verheißt, dass der Messias von ihnen abstammen und der ganzen Menschheit Segen bringen wird.
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Zeigen Sie, wie Jakobs Segen Folgendes über den Messias offenbart: Er wird von Juda abstammen, er wird ein König sein, und er wird vor dem Jahr 135 n. Chr. kommen.
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Erklären Sie, wie Bileams Prophezeiung den Messias als einen König darstellt, der über das Volk herrschen und seine Feinde besiegen wird.
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Erklären Sie, inwiefern Moses Prophezeiung den prophetischen Charakter der Mission Christi unterstreicht.
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Geben Sie an, wie Natans Prophezeiung verkündet, dass der Messias von König David abstammen wird.
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Fußnoten
[1] Brant Pitre, Jesus and the Jewish Roots of Mary, S. 23.
[2] Ebd.
[3] Targum Neofiti on Genesis 3, 15, ebd.
[4] Lawrence Feingold, The Mystery of Israel and the Church, Bd. 1, „Figure and Fulfillment”, S. 21-22.
[5] ebd, S. 22-23.
[6] ebd, S. 23-24.
[7] ebd, S. 24-25.
[8] ebd, S. 26.
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